Thursday 4 August 2011

EINE SENSATION!!!!

Meine Damen und Herren!

Wir haben hier eine Sensation, eine echte Sensation!

Eine Attraktion vom Feinsten!

Sie werden schon seh’n! Kaufen Sie diese Zeitung, und schon auf der Titelseite können Sie lesen, was die Sensation des Tages ist! Jetzt und heute berichten wir Ihnen ganz exklusiv von diesem Ereignis! Kaufen Sie, lesen Sie, tratschen Sie, heute so leicht wie nie!


Man muss immer auf die neusten Sensationen gefasst sein. Ob ein Politiker etwas falsches sagt, ob ein Flugzeug über dem Kaspischen Meer abstürzt, ob Schweinsteiger nun doch nach Real Madrid geht, ob Schumacher mal wieder ins Rennauto steigt, alles steht sofort in den Schlagzeilen, am besten mit Farbbild und großer Überschrift.

Und ganz egal, was es ist, heute ist es ganz wichtig, und morgen ist es schon vergessen. Heute lebt man für den Tag. Was heute wichtig ist, ist morgen schon vergessen. Was morgen wichtig sein könnte, ist heute noch egal. Dass ein Atomreaktor, der morgen schon explodieren könnte, heute noch eine Laufzeitverlängerung bekommt, dass der Kampf eines Volkes für Freiheit und Demokratie heute so bejubelt wird und morgen schon wieder vergessen ist, all das zeugt von einer Mentalität, in der alles was vorbei ist, vergessen sein muss und alles was morgen passiert auf keinen Fall schon durchdacht werden darf. Doch ist das richtig was wir da tun? Ist es richtig, wenn wir von Schlagzeile zu Schlagzeile leben, wenn alles, was gestern war und morgen sein könnte, heute egal ist?

Wer erinnert sich, zum Beispiel, an den Kampf um Misrata, der noch vor wenigen Monaten, die ganze Welt in Atem hielt? Wer erinnert sich an das schwere Erdbeben in Japan? Wer erinnert sich noch an die Demonstrationen der Mönche in Burma? Wer erinnert sich noch an den Völkermord in Ruanda? Das sind Themen, die seinerzeit die Welt in Atem hielten. Heute sind sie vorbei, vorbei und vergessen. Heute geht es um die Themen von heute. Themen von gestern muss man schon mit der Lupe suchen.

Wie aber soll sich diese Welt eine Moral bilden, wenn alles, was gestern noch wichtig war, heute egal ist? Wie kann man noch glauben, dass es den Menschen wirklich um das geht, über das sie berichten? Wie soll man glauben, dass es den Menschen überhaupt noch am Herzen liegt, was auf der Welt passiert? Wie soll man glauben, dass der Kampf in Lybien den Westen wirklich interessiert, wenn er nach kurzer Zeit wieder aus den Schlagzeilen verschwindet?

In einer Welt, in der die internationale Vernetzung so stark ist wie jetzt, in einer Welt, die immer kleiner wird und in der wir ein Gefühl für andere Länder und Kulturen entwickeln müssen, sollten wir uns Gedanken machen, ob es richtig ist, über das zu schreiben, was sich in den Schlagzeilen gut macht, oder vielleicht doch ab und zu über die Schulter zu schauen, um zu sehen, wie es Leuten in Ländern geht, die vor langer Zeit schon einmal in den Schlagzeilen waren. Nur dann können wir ein Gefühl für andere Länder, Kulturen und Mentalitäten bekommen. Und vielleicht können wir auch nur dann, wenn wir anfangen, Andere zu verstehen, anfangen gemeinsam zu handeln, um die Welt als eine Welt zu bewahren, in der auch noch unsere Nachkommen gerne leben.

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